Dass privat und gesetzlich Versicherte unterschiedlich behandelt werden, wird von den Ärzten oft bestritten. Wer aber selber einmal beide Versicherungen ausprobiert hat, kann sich selber ein Urteil bilden und sich überlegen, in welcher Versicherung er sich besser versorgt fühlt. Oft wird auch von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft gesprochen. Diesem Missstand wollen SPD, Grüne und Linke mit der Einführung der Bürgerversicherung ein Ende setzen. Doch es regt sich Widerstand.
Es geht ums Geld
Vor allem die Ärzte sorgen sich um eine lukrative Einnahmequelle. Gehen ihnen die Privatpatienten verloren, werden alle Behandlungen nur noch von der Kasse bezahlt. Dies könnte eine deutliche Minderung der Einnahmen für Mediziner bedeuten. Das Geld ist aber nicht der einzige Grund, warum die Mediziner gegen die Bürgerversicherung sind. Denn ohne private Krankenkassen (PKV) gibt es keinen Wettbewerb mehr. Dies könnte zu einer Verschlechterung der Versorgung führen. In einer alternden Gesellschaft ist die medizinische Versorgung neben der Rente der wichtigste Zweig der Sozialversicherung. Wenn die medizinische Leistung sich verschlechtert, droht ein Einbruch bei der Gesundheitsvorsorge.
Zweiklassengesellschaft?
Eine Abschaffung der PKV hätte für jede Praxis enorme Konsequenzen. Auch wenn viele gesetzlich Versicherten neidisch auf die Privaten sind, da sie schneller einen Termin bekommen, weniger warten müssen und im Krankenhaus in der Regel vom Chefarzt persönlich behandelt werden, würde eine Ein-Klassen-System massive Probleme mit sich bringen. Schließlich sind es die Privaten, die einen proportional deutlich höheren Anteil am Gewinn einer Praxis haben. Fällt dieses Geld weg, könnten einige Praxen in finanzielle Nöte kommen. Denn nach Angabe der Ärztekammer könnten die meisten Ärzte und Klinikbetreiber nur von Kassenpatienten nicht leben.
Keine Konkurrenz – kein Fortschritt
Das Ende der PKV würde auch den Konkurrenzkampf beenden. Gutverdienende ziehen heute in der Regel die PKV vor. Das zwingt die gesetzlichen Kassen zum einen kostengünstiger zu arbeiten, zum anderen aber auch einen hohen Service und eine gute medizinische Versorgung zu bieten, damit nicht alle Besserverdienenden in die privaten Kassen abwandern. Gibt es zudem nur noch eine Versicherung, ist es schwierig, die Höhe der Beiträge zu begrenzen. Dem Gesetzgeber stände es frei, die Beiträge nach eigenem Ermessen zu erhöhen.
Probleme im Ausland
Dass eine Bürgerversicherung Probleme mit sich bringen kann, zeigt das Beispiel Großbritannien. Hier gibt es nicht nur lange Wartelisten für Operationen, es gibt sogar Altersgrenzen. Sehr betagte Menschen bekommen auf der Insel beispielsweise kein künstliches Hüftgelenk mehr. Ob das im Sinne der linken Parteien ist, dürfte zu bezweifeln sein.
Fazit
Ob eine Bürgerversicherung wirklich die gewünschten Effekte hätte, kann bezweifelt werden. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn für alle Bürger eine optimale medizinische Versorgung gewährleistet wäre. Wer die Kosten dafür tragen müsste, müsste dann erst einmal festgelegt werden. Möglicherweise wäre es sinnvoller, die PKV auszuweiten und Teile der Behandlungen, beispielsweise den Zahnarzt, zu einer kostenpflichtigen Zusatzversicherung mit unterschiedlichen Leistungen umzuwandeln. Zudem ist es entscheidend, den Menschen mehr Eigenverantwortung zu geben. Schließlich entsteht ein großer Teil der Kosten für unsere Gesundheit durch einen ungesunden Lebensstil. Rauchen, Alkohol und Übergewicht sind die Hauptkostenverursacher. Dies gilt aber überwiegend für die bildungsfernen Schichten. Hier könnten finanzielle Anreize der Versicherungen dafür sorgen, dass einige Menschen ihren Lebenswandel überdenken. Solche Anreize gibt es bei den gesetzlichen Kassen bisher aber nicht. Hier kann die PKV zum Vorbild sein. Bonusprogramme und einen Selbstbehalt sorgen dafür, dass sich die Versicherten intensiver mit sich und ihrer Gesundheit auseinandersetzen. Und wer gesünder lebt, spart sich dann auch die Kosten für den Arzt.