In fast allen Büros werden Überstunden geleistet. Und das nicht zu knapp. Laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes sitzt jeder junge Angestellte beispielsweise jede Woche rund 5,3 Stunden länger an seinem Arbeitsplatz, als im Arbeitsvertrag festgelegt ist. So wurden 2009 beispielsweise mehr als 1,5 Milliarden bezahlter Überstunden und geschätzt noch einmal ebenso viele unbezahlte geleistet.
Fragt man die überbeschäftigten Arbeitnehmer, erhält man fast immer die gleich Antwort: „Die Arbeit muss erledigt werden.“ Und wenn man selber pünktlich Feierabend macht, findet der Chef schnell jemand anderen, der bereit ist, die Überstunden – oftmals unbezahlt – zu leisten. Insofern bleibt einem meistens nichts anderes übrig, als die Arbeit unfreiwillig zu verlängern. Aber alles hat seine Grenzen.
Was sind Überstunden?
Nicht jede Stunde, die man länger am Schreibtisch verbringt, ist automatisch auch eine Überstunde. Demnach können Überstunden nur dann gezählt werden, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest bewusst geduldet werden. Zum anderen muss man in sechs aufeinander folgenden Monaten bzw. 24 Wochen die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden übersteigen, ohne dabei einen Freizeitausgleich zu bekommen. Nur dann hat man auch einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich. Um die Überstunden bezahlt zu bekommen, muss der Arbeitnehmer die Mehrarbeit auch nachweisen. Zudem müssen Arbeitnehmer beweisen, dass diese auch vom Arbeitgeber angeordnet sind. Ein spöttisches „Gehen Sie etwa schon?“ vom Chef reicht nicht aus, dies als Aufforderung für Überstunden zu sehen.
Insofern ist die rechtliche Handhabe schwierig, auch wenn vom Gesetz her niemand gezwungen werden kann, Überstunden zu leisten. Eine Ausnahme besteht, wenn die betriebliche Zukunft des Unternehmens auf dem Spiel steht. In diesem Fall kann ein Angestellter zur Ableistung von Überstunden gezwungen werden.
Rechtlich hat ein Chef also kaum einen Anspruch darauf, dass der Angestellte länger als vertraglich vereinbart am Arbeitsplatz bleibt. Verlangt es der Chef ausdrücklich, hat man ein Recht darauf, dass die Überstunde ebenso hoch vergütet wird wie die Arbeitsstunde. Dabei sind sogar Zuschläge möglich, die in einigen Tarifverträgen festgehalten sind. Die Realität sieht zugegebenermaßen anders aus. Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn wer zu lange zu viele Überstunden leistet, hat eine erhöhte Gefahr für Burnout. Insofern ist es besser, auch ab und zu einen Gang zurück zu schalten und pünktlich Feierabend zu machen.